VAH. Einfach. Sicher sein.
Auf dem Stand von Wissenschaft und Technik.
Praxistipps für Arzt- und Zahnarztpraxen.
„Desinfektion: kurz und knapp“.
Herausgegeben von VAH und CoC.
Hier geht es um Fragen zur chemischen Desinfektion, die von Arzt- und Zahnarztpraxen beispielsweise an Hygieneberaterinnen und -berater der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder auch an Mitarbeitende des Öffentlichen Gesundheitsdiensts gestellt werden.
Die Fragen werden gemeinsam vom "Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung" (CoC) und dem VAH bzw. Mitgliedern der Kommission für Praktische Hygiene gesichtet und anschließend im Sinne von „Micro-Lerneinheiten" in Kurzform beantwortet. Die Praxistipps von VAH und CoC geben die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder.
Frage: Welche der auf dem Etikett bzw. dem Produktdatenblatt angegebenen Einwirkzeiten unseres Flächendesinfektionsmittels muss eingehalten werden?
Antwort:
Flächendesinfektionsmittel können in der Regel mit verschiedenen Einwirkzeiten angewendet werden. Das hat folgende Hintergründe:
Die Einwirkzeit variiert je nachdem, welche Mikroorganismen inaktiviert werden sollen. Daher ist es wichtig, sich zu überlegen, welches Wirkspektrum für die jeweilige Desinfektionsmaßnahme erforderlich ist. Die KRINKO[1] hat in ihrer Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ festgelegt, dass als Basisanforderung bei der Flächendesinfektion das Wirkspektrum immer vegetative Bakterien (bakterizid) und Hefen (levurozid) umfassen muss. Alle Flächendesinfektionsmittel in der Desinfektionsmittel-Liste des VAH erfüllen diese Anforderungen mit den vom VAH zertifizierten Angaben.
Sind auf der zu desinfizierenden Fläche weitere Erreger zu erwarten, ist dementsprechend ein erweitertes Wirkspektrum (z.B. tuberkulozid, mykobakterizid, sporizid, fungizid, begrenzt viruzid, begrenzt viruzid PLUS, viruzid und/oder viruzid PLUS) notwendig und damit ggf. auch längere Einwirkzeiten (z.B. für die Wirksamkeit gegen C. difficile).
Routinemäßig desinfizierte Flächen können auch vor Ablauf der Einwirkzeit wieder genutzt werden, sobald sie trocken sind. Es gibt jedoch einige Situationen, in denen die Einwirkzeit genau einzuhalten ist (siehe: Praxistipp zur Flächendesinfektion, Wiederbenutzung nach Trocknung, August 2025). Neben der Bakterizidie und der Levurozidie ist in diesen Fällen die längste Einwirkzeit für die zu erwartenden Erreger ausschlaggebend.
Zu berücksichtigen ist auch die Formulierung: Es gibt zum einen gebrauchsfertige Desinfektionsmittel, bei denen die Konzentration festliegt und lediglich die Einwirkzeit variiert werden kann. Zum anderen gibt es Konzentrate, aus denen die Gebrauchslösung frisch angemischt wird. In diesem Fall können Konzentrationen und die damit verbundene Einwirkzeit variieren. Ein Beispiel: Dasselbe Produkt kann für eine Wirksamkeit gegen Bakterien und Hefen mit einer Einwirkzeit von 15 min in einer 1%igen Lösung oder mit einer Einwirkzeit von 30 min in einer 0,5%igen Lösung verwendet werden.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Carola Ilschner, Bonn, Dr. Jürgen Gebel, Bonn (September 2025)
Literaturhinweis
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen, Bundesgesundheitsbl 2022;65:1074-1115.
[1] KRINKO = Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe beim Robert Koch-Institut.
Weitere Informationen:
Das richtige Wirkspektrum für den gewünschten Erreger können Sie in der VAH-Liste online, https://www.vah-liste.de/, unter der Filterung „Erregerspektrum“ schnell herausfinden.
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Ilschner C, Gebel J. Praxistipp zu Einwirkzeiten bei Flächendesinfektionsmitteln. (September 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Im Sinne der Ressourcenschonung suche ich nach einer nachhaltigen Methode der Flächendesinfektion. Wo kann ich hierzu Informationen finden?
Antwort: Die Arbeitsgruppe Angewandte Desinfektion der Desinfektionsmittel-Kommission (jetzt Kommission für Praktische Hygiene) im VAH hat wichtige Einflussfaktoren für eine vergleichende Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit von Verfahren zur Wischdesinfektion patientennaher Oberflächen unter Berücksichtigung der Patientensicherheit und des Personalschutzes zusammengestellt.
Eine generelle Wichtung zugunsten des einen oder anderen Verfahrens ist aufgrund der Vielzahl und Vielfalt der Einflussfaktoren nicht möglich.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Priv.-Doz. Dr. med. Christian Brandt, Heidelberg, Carola Ilschner, Bonn (Juni 2025)
Literaturhinweis
- Arbeitsgruppe Angewandte Desinfektion der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH. Einflussfaktoren der Nachhaltigkeit von Mehrweg- und Einweg-Wischsystemen zur Desinfektion von patientennahen Flächen. Stand:15.3.2024. HygMed 2024;49(4):72-76.
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Brandt C, Ilschner C. Praxistipp zur Nachhaltigkeit verschiedener Verfahren der Flächendesinfektion. (Juni 2025) (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Wir sind gerade dabei, unsere Flächendesinfektion umzustellen. Bislang setzen wir jeden Tag einen Eimer mit Desinfektionslösung an und wischen die Flächen mit einem textilen Lappen. Für unsere großen Flächen ist dies ganz praktisch, jedoch nicht für die kleinen Flächen. Welche praktischen Möglichkeiten gibt es noch?
Antwort:
Zur Wischdesinfektion von Flächen bieten sich verschiedene Methoden an:
- Eimer-Eintauch-Methode: Ansetzen der Desinfektionsmittellösung gemäß Herstellerangaben durch Dosierung eines Konzentrats in kaltem Wasser. Die Standzeit beträgt in der Regel einen Arbeitstag. Weder Mehrweg- noch Einwegtextilien dürfen erneut in die Lösung eingetaucht werden. Diese Methode eignet sich für große Flächen und häufige Desinfektionsintervalle.
- Ready-to-use Tücher: Einwegpackung zur direkten Tuchentnahme (z.B. Flowpacks) oder zum Nachfüllen für Tuchspendersysteme. Die Standzeit richtet sich nach den Angaben der Hersteller. Auf konsequentes Verschließen der Verpackung ist zu achten, um das Verdunsten der Gebrauchslösung und einen Eintrag von Mikroorganismen zu vermeiden. Diese Methode eignet sich insbesondere bei kleinen Flächen.
- Selbstgetränkte Einwegtücher:Trockene Tuchrollen werden mit Desinfektionsmittellösung (ready-to-use oder selbst angesetzt) in Tuchspendersystemen getränkt. Die Standzeit beträgt in der Regel 28 Tage (Herstellerangaben beachten). Die Spendersysteme können vor der Wiederbefüllung nach Vorgaben der KRINKO-Empfehlung zur Flächendesinfektion und unter Beachtung der Herstellerangaben aufbereitet werden, die aber für eine Arzt- oder Zahnarztpraxis nur schwer umsetzbar sind. Daher sind Bag-in-Box-Systeme eine praktikable Option. Diese Methode eignet sich sowohl für größere als auch für kleinere Flächen und gelegentliche Desinfektionsintervalle.
Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden sind gegeneinander abzuwägen (z. B. Aufbereitung, Abfallaufkommen, Praktikabilität, Kosten, Materialkompatibilität). Die eingesetzten Textilen und die Desinfektionsmittel müssen miteinander kompatibel sein (siehe Herstellerangaben).
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Priv.-Doz. Dr. med. Christian Brandt, Heidelberg (September 2024)
Literatur und weiterführende Informationen
- KRINKO-Empfehlung zur Flächendesinfektion, 2022
- VAH: FAQ zur Aufbereitung von Tuchspendersystemen, FAQ zum Umfüllen von Flächendesinfektionsmitteln, Mitteilung zu den Einflussfaktoren auf die Nachhaltigkeit, Entsorgungshinweise für Desinfektionsmittel, Merkblatt, Poster und Videotutorial für die laufende Wischdesinfektion
- CoC: Hygieneleitfaden für die Arztpraxis
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Brandt C. Praxistipp zu verschiedenen Verfahren der Wischdesinfektion von Flächen. (September 2024). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Kann die Arbeitsfläche oder der Fußboden erst nach Einhaltung der Einwirkzeit oder bereits nach Abtrocknung des Desinfektionsmittels wieder benutzt werden?
Antwort:
Das Absterben von Mikroorganismen durch die Desinfektion folgt nicht einem gleichmäßigen linearen Verlauf, sondern einer logarithmischen Kurve. Das bedeutet, dass gleich zu Beginn der Einwirkzeit die meisten Mikroorganismen inaktiviert werden. Das Desinfektionsmittel wirkt jedoch noch weiter und inaktiviert den geringen Rest, wenn die Fläche bereits trocken ist.
Daher können routinemäßig desinfizierte Flächen wieder genutzt werden, sobald sie trocken sind, ohne die zertifizierte bzw. vom Hersteller angegebene Einwirkzeit abzuwarten.
Ausnahmen sind:
- Flächen für aseptische Tätigkeiten wie z.B. zum Aufziehen von Spritzen oder andere aseptische Arbeitsprozesse;
- Flächen, die wegen einer massiven Kontamination, z.B. durch Erbrochenes, gezielt desinfiziert werden;
- Bei der Schlussdesinfektion (selten im Praxisalltag);
- Flächen in Sanitärbereichen, bei deren Benutzung das Desinfektionsmittel abgespült wird.
Voraussetzung ist die sachgemäße Durchführung der Desinfektionsmaßnahme. Das bedeutet, die Fläche muss ausreichend benetzt sein und darf vor Ablauf der Einwirkzeit weder mit einem Tuch abgetrocknet noch mit Wasser nachgespült werden.
Es stehen Flächendesinfektionsmittel mit zertifizierten Einwirkzeiten ab 1 min zur Verfügung. Diese können immer dann eingesetzt werden, wenn die desinfizierte Fläche regelmäßig schnell wieder benutzt werden soll bzw. wenn die Einwirkzeit wie bei den genannten Ausnahmen eingehalten werden muss. Für Wirkspektren außerhalb der Bakterizidie/Levurozidie können längere Einwirkzeiten erforderlich sein.
Desinfektionsmittel mit längeren Einwirkzeiten sind vor allem für größere Flächen und die arbeitstägliche Routinedesinfektion sinnvoll.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Dr. Jürgen Gebel, Bonn (August 2025)
Weitere Informationen:
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen, Bundesgesundheitsbl 2022;65:1074-1115 (insbesondere Abschnitt 5.2).
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Gebel J. Praxistipp zur Wiederbenutzung von desinfizierten Flächen nach Trocknung. (August 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Für die Zubereitung von Injektions- und Infusionslösungen muss vor dem Einstechen der Entnahmekanüle in die Injektions- bzw. Infusionsflaschen das Gummiseptum der Flasche desinfiziert werden. Ist hierfür ein Hautantiseptikum geeignet?
Antwort: Ja, ein Hautantiseptikum ist hierfür geeignet. Es werden typischerweise die gleichen Hautantiseptika verwendet (aufgesprüht oder wischend aufgebracht) wie bei invasiven Eingriffen, z. B. Injektionen und Punktionen. In Bezug auf Anwendung und Einwirkzeiten der Präparate sind immer die Herstellerangaben zu beachten. Hautantiseptika müssen eine geprüfte Wirksamkeit z. B. nach der VAH-Listung aufweisen.
Eine Ausnahme der Desinfektion des Gummiseptums vor Entnahme der Lösung besteht, wenn der Hersteller der Injektions- bzw. Infusionsflaschen die Sterilität des Gummiseptums unter der Abdeckung garantiert.
Das Mittel und die Einwirkzeit sind im praxiseigenen Hygieneplan bzw. im Reinigungs- und Desinfektionsplan zu beschreiben und bei Produktwechsel anzupassen.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Olga Idt, Bonn (November 2024)
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Idt O. Praxistipp zur Desinfektion eines Gummiseptums mit einem Hautantiseptikum. (November 2024). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Auf den Informationen zu unserem Produkt für die hygienische Händedesinfektion sind mehrere Einwirkzeiten angegeben. Wie wähle ich die richtige Einwirkzeit aus?
Antwort: Es ist zunächst zu klären, welche Wirkspektren mit der Händedesinfektion abgedeckt werden sollen, da die Einwirkzeiten je nach Wirkspektrum unterschiedlich sein können.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang außerdem:
- Die Wirksamkeit gegen Bakterien und Hefe-/Sprosspilze (bakterizid/levurozid) ist gemäß KRINKO die Mindestanforderung für die Händedesinfektion. Die hierfür geltenden Einwirkzeiten dürfen in keinem Fall unterschritten werden.
- Mit den Einwirkzeiten gemäß VAH-Listung ist bei korrekter Durchführung der Händedesinfektion eine sichere Wirksamkeit des Produkts gewährleistet. Alle vom VAH zertifizierten und gelisteten Händedesinfektionsmittel sind unter praxisnahen Bedingungen mit harmonisierten Prüfnormen* geprüft und bewertet worden. Die Standardeinwirkzeit für die hygienische Händedesinfektion beträgt 30 Sekunden.
- Angaben zur Einwirkzeit gegen Bakterien und Hefe-/Sprosspilze von unter 30 Sekunden, beispielsweise 15 Sekunden, sind nicht durch harmonisierte Prüfnormen abgesichert und weder durch die Arzneimittel- oder Biozid-Zulassungsbehörden noch durch RKI oder VAH anerkannt.
- Die Einwirkzeiten sollten Wirkspektrum-spezifisch, nicht Erreger-spezifisch (z.B. nach einzelnen Viren), ausgewählt werden.
- Sind keine VAH-zertifizierten Produkte für die gewünschten Wirkspektren verfügbar, kann die Produktauswahl anhand der Desinfektionsmittel-Liste des Robert Koch-Instituts erfolgen. Es sind dann die in der RKI-Liste aufgeführten Einwirkzeiten einzuhalten.
- Diese Vorgehensweise steht im Einklang mit den Anforderungen der Gesundheitsbehörden im Rahmen der infektionshygienischen Überwachung.
In der VAH-Liste online (www.vah-liste.de) ist über die Filterung nach Erreger ("Erregerspektrum") das jeweils dazu passende Wirkspektrum auswählbar.
Dr. med. A. Marcic, Kiel, Dr. J. Gebel, Bonn, Priv.-Doz. Dr. M. Eggers, Stuttgart, Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. M. Suchomel, Wien, Dr. med. B. Hornei, Oberhausen, C. Ilschner, Bonn
Literaturhinweise
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI. Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Siehe: Kapitel 3.3 und 4.3. Bundesgesundheitsbl 2016;59:1189–1220. Doi:10.1007/s00103-016-2416-6
Desinfektionsmittel-Kommission im VAH. FAQ:
Zur Auswahl viruzider Händedesinfektionsmittel. HygMed 2023;48(6):145–147.
https://vah-online.de/files/download/vah-mitteilungen/VAH_FAQ_viruzide%20HDM_HM_6_23.pdf [Zugriff 23.10.25]
Hinweis: Zur Bedeutung und Interpretation von Prüfnormen (z.B. "geprüft nach EN 1500", "Phase 2/Stufe 2-Test"), siehe Erläuterungen in einem separaten Praxistipp (zur Zeit in Vorbereitung).
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Marcic A, Gebel J, Eggers M, Suchomel M, Hornei B, Ilschner C. Praxistipp zu Einwirkzeiten bei Händedesinfektionsmitteln. (Oktober 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte)
URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Sind Nagellack, künstliche Fingernägel und andere Fingernagelkosmetik bei Tätigkeiten, bei denen die Händedesinfektion routinemäßig erforderlich ist, erlaubt?
Antwort:
Die künstlerische Gestaltung der Fingernägel mit Nagellack, Gel, Acryl oder Folien sind generell bei Tätigkeiten, die eine routinemäßige Händedesinfektion erfordern, nicht erlaubt.
Acryl- oder Gelnägel können eine rissige Oberfläche aufweisen und absplittern, zudem können sich Zwischenräume bilden. Dies begünstigt die Besiedelung mit Krankheitserregern und beeinträchtigt die Effektivität der Händehygiene, weil das Händedesinfektionsmittel nicht mehr sicher die gesamte Nagelfläche benetzen kann. Mit zunehmender Tragedauer steigt das Risiko einer Kolonisation, insbesondere am Klebesaum der künstlichen Fingernägel. Verunreinigungen unter den Nägeln sind schwierig zu erkennen. Künstliche Fingernägel können Quelle von nosokomialen Infektionen sein. Auch multiresistente Erreger wurden im Zusammenhang mit Ausbruchsuntersuchungen auf künstlichen Nägeln nachgewiesen. Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Perforationsrisiko von Einmalhandschuhen. Gestützt auf entsprechende Hinweise aus der wissenschaftlichen Literatur empfiehlt die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) für Beschäftigte im Gesundheitswesen kurz geschnittene, mit den Fingerkuppen abschließende Fingernägel. Nagelkosmetik wie Nagellack und das Tragen künstlicher und gegelter Fingernägel sind nicht erlaubt.
Für einen begrenzten Zeitraum kann eine Ausnahme für lackierte Nägel bei medizinisch-dermatologischer Indikation unter Vorlage eines fachärztlichen Attestes gemacht werden.
Im Zweifelsfall berufen sich auch Gerichte auf die Empfehlung der KRINKO, wie z.B. im Urteil des Arbeitsgerichts Aachen, Urteil vom 21.2.2019, Az. 1 Ca 1909/18, für den Bereich Altenpflege. Es wurde hierin bestätigt, dass den angestellten Helferinnen und Helfern im sozialen Dienst das Tragen von langen, künstlichen, lackierten Finger- oder Gelnägeln im Dienst untersagt werden kann. Den oben genannten Bewertungen folgt auch die aktuelle S2k-LL Händedesinfektion und Händehygiene der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH).
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Dipl.-MPH Olga Idt, Bonn, Dr. Patrick Ziech, NLGA Hannover (Mai 2025)
Literaturhinweise
- Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO)* am RKI. Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Siehe: Kapitel 3.3 und 4.3. Bundesgesundheitsbl 2016;59:1189–1220. Doi:10.1007/s00103-016-2416-6.
*Der Name wurde 2024 geändert in: Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe - S2k-LL Händedesinfektion und Händehygiene der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene mit Stand Februar 2023. Download über: https://register.awmf.org/assets/guidelines/075-004l_S2k_Haendedesinfektion-und-Haendehygiene_2023-09.pdf
- Arbeitsgerichts Aachen, Urteil vom 21.2.2019, Az. 1 Ca 1909/18. Siehe auch Urteil 333 in Hygiene und Recht, hrsg. von A. Schneider und G. Bierling. 34. Lieferung 2019. mhp Verlag, Wiesbaden. Siehe auch: DGB-Information zum Az. 1 Ca 1909/18 https://www.dgbrechtsschutz.de//recht/arbeitsrecht/arbeitsvertrag/themen/beitrag/ansicht/arbeitsvertrag/koennen-arbeitgeber-das-tragen-von-gelnaegeln-verbieten/details/anzeige/
- Assadian O, Benkhai H, Blacky A, Hübner NO, Diab-Elschahawi M. Einfluß von Nagellack auf die Effektivität der Händedesinfektion. Hyg Med 2012; 37(Suppl):9.
- Gupta A, Della-Latta P, Todd B, San Gabriel P, Haas J, Wu F, Rubenstein D, Saiman L. Outbreak of extended-spectrum beta-lactamase-producing Klebsiella pneumoniae in a neonatal intensive care unit linked to artificial nails. Infect Control Hosp Epidemiol. 2004 Mar;25(3):210-5. doi: 10.1086/502380. PMID: 15061412.
- Hedderwick SA, McNeil SA, Lyons MJ, Kauffman CA. Pathogenic organisms associated with artificial fingernails worn by healthcare workers. Infect Control Hosp Epidemiol. 2000 Aug;21(8):505-9. doi: 10.1086/501794.
- Wałaszek MZ, Kołpa M, Różańska A, Jagiencarz-Starzec B, Wolak Z, Wójkowska-Mach J. Nail microbial colonization following hand disinfection: a qualitative pilot study. J Hosp Infect. 2018 Oct;100(2):207-210. doi: 10.1016/j.jhin.2018.06.023.
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Idt O, Ziech P. Praxistipp zur Fingernagelkosmetik bei Tätigkeiten, die eine Händedesinfektion erfordern. (Mai 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Warum ist beim Tragen von Schmuck und Ringen an Händen und Unterarmen von einer eingeschränkten Effektivität der Händedesinfektion auszugehen, auch wenn das Einreiben bei der hygienischen Händedesinfektion korrekt erfolgt und die Einwirkzeit eingehalten wird?
Antwort:
Desinfektionsmittel können nur dort wirken, wo eine satte Benetzung erfolgt ist. Unter Schmuck und Ringen kann das Desinfektionsmittel die darunter liegende Haut möglicherweise nicht ausreichend benetzen. Zudem können auf Ringen und Schmuck Mikroorganismen lange Zeit anhaften und überleben, die mit Händedesinfektionsmitteln nicht sicher inaktiviert werden. Lässt man Ringe und Schmuck bei der hygienischen Händedesinfektion an, kann daher nicht sicher verhindert werden, dass Krankheitserreger über die Hände übertragen werden und die Infektionskette wirksam unterbrochen wird.
Auch aus Arbeitsschutzgründen ist das Tragen von Schmuck an Händen und Unterarmen nicht zulässig, da Feuchtigkeit oder nicht verdunstetes Desinfektionsmittel unter dem Schmuck Hautirritationen beim Träger hervorrufen können. Zusätzlich besteht ein erhöhtes Perforationsrisiko von Handschuhen durch Schmuck, wodurch die Schutzfunktion – sowohl für das Personal als auch gegenüber dem Patienten – nicht mehr gewährleistet ist.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Dipl.-MPH Olga Idt, Bonn, Dr. Patrick Ziech, NLGA Hannover (April 2025)
Literaturhinweise
- Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI. Händehygiene im Gesundheitswesen. Siehe: Kapitel 3.3 und 10. Bundesgesundheitsbl 2016;59:1189–1220. Doi:10.1007/s00103-016-2416-6
- TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege. Siehe: „4.1.7 Schmuck und Fingernägel". Ausgabe März 2014, zuletzt geändert GMBl Nr. 15 vom 2. Mai 2018, S. 259.
- TRGS 401 Gefährdung durch Hautkontakt: Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen. Siehe: „Organisatorische Maßnahmen 5.4.(1)“. Ausgabe Oktober 2022, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2024 S. 769 [Nr. 36] (v. 19.9.2024).
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Idt O, Ziech P. Praxistipp zum Verbot des Tragens von Schmuck und Ringen bei Tätigkeiten, die eine Händedesinfektion erfordern. (April 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Was ist der Unterschied zwischen Verfalldatum und Aufbrauchfrist bei einem Händedesinfektionsmittel?
Antwort:
Das Verfalldatum (auch: Verfallsdatum, Haltbarkeitsdatum) bezieht sich auf die Haltbarkeit der ungeöffneten Packung. Der Hersteller gewährleistet bei ordnungsgemäßer Lagerung die Qualität, Wirksamkeit und Stabilität des ungeöffneten Produkts bis zu diesem Datum.
Die Angabe des Verfalldatums ist für die Hersteller für alle Händedesinfektionsmittel grundsätzlich verpflichtend. Das Verfalldatum muss auf der Verpackung, z.B. auf dem Etikett oder ggf. dem Merkblatt, angebracht sein.
Die Aufbrauchfrist (auch: Aufbrauchsfrist, Anbruchsfrist) bezieht sich auf die Haltbarkeit nach Öffnung der Packung.
Die Stabilität und Haltbarkeit nach Öffnung ist von vielen Faktoren, dem Wirkstoff und den Anwendungsbedingungen vor Ort abhängig. Daher kann die Aufbrauchfrist nicht pauschal mit dem Verfalldatum gleichgesetzt werden.
Die Verpflichtung der Hersteller, Angaben zur Aufbrauchfrist zu machen, unterscheidet sich nach rechtlicher Einstufung* des Händedesinfektionsmittels: ·
- Für Produkte, die als Arzneimittel zugelassen wurden, ist die Angabe der Aufbrauchfrist für Hersteller verpflichtend.
- Für Produkte, die als Biozide registriert oder zugelassen sind, ist die Angabe der Aufbrauchfrist für Hersteller nicht grundsätzlich verpflichtend (siehe Zusatzinformation zur rechtlichen Einstufung). Fehlt die entsprechende Angabe, sollte diese daher beim Hersteller nachgefordert werden. Das Ableiten von Aufbrauchfristen von anderen Produkten mit ähnlichen Wirkstoffen ist nicht pauschal möglich.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Carola Ilschner, Bonn (Februar 2025)
Literaturhinweise
Hornei B, Gebel J, Ilschner C. Verfalldatum, Ablaufdatum, Haltbarkeit, Anbruchfrist, Aufbrauchfrist von Händedesinfektionsmitteln – Was ist was und was muss wie und wann dokumentiert werden? HygMed 2025;50(1):19-21.
*Zusatzinformation:
Bis 2016 wurden Händedesinfektionsmittel als Arzneimittel zugelassen. Für sie gilt Bestandsschutz und sie unterliegen dem Arzneimittelrecht.
Seit 2016 werden Händedesinfektionsmittel als Biozide der Produktart 1 eingestuft und unterliegen der Biozid-Verordnung (EU Nr. 528/2012). Biozidprodukte, die in Deutschland auf dem Markt bereitgestellt werden, müssen entweder zugelassen oder, wenn sie den Übergangsregelungen unterliegen, registriert sein.
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Ilschner C. Praxistipp zum Unterschied zwischen Aufbrauchfrist und Verfalldatum bei Händedesinfektionsmitteln. (Februar 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Welche Dokumentationspflichten bestehen für Aufbrauchfristen und Verfalldaten von Händedesinfektionsmitteln?
Antwort:
Verfalldaten für Händedesinfektionsmittel sind von den Herstellern verpflichtend anzugeben. Die Angabe der Aufbrauchfrist, also der Frist nach Öffnung der Packung, ist nicht verpflichtend, sofern es sich bei den Produkten um Biozide handelt.
Fehlt die Angabe der Aufbrauchfrist, ist zu empfehlen, diese vom Hersteller nachzufordern. Aufbrauchfrist und Verfalldatum sind nicht pauschal gleichzusetzen.
Nach Ablauf des Verfalldatums oder der Aufbrauchfrist darf das Desinfektionsmittel nicht mehr verwendet werden, weil der Hersteller danach die Qualität nicht mehr gewährleistet.
Gemäß der Empfehlung zur Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI müssen Nutzer von Kitteltaschenflaschen die Flaschen mit dem Anbruchdatum beschriften. Zudem wird gefordert, dass das Anbruch- oder das Ablaufdatum auf der Flasche im Desinfektionsmittelspender oder separat dokumentiert wird. In Bereichen mit hohem Desinfektionsmittelverbrauch kann gemäß KRINKO die Einhaltung der Fristen auch über die Verbrauchsstatistik nachgewiesen werden.
Hintergrund dieser Dokumentation ist die Einhaltung der Aufbrauchfrist. Sie muss entsprechend gewährleistet sein bzw. kontrolliert werden. Dies gilt insbesondere für Händedesinfektionsmittel auf der Basis instabiler Wirkstoffe (z.B. Aktivchlor) oder in Situationen, in denen dieselben offenen Gebinde über Monate hinweg verwendet werden.
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Carola Ilschner, Bonn (März 2025)
Literaturhinweise
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI. Händehygiene im Gesundheitswesen. Bundesgesundheitsbl 2016;59:1189–1220. Doi:10.1007/s00103-016-2416-6
Hinweis: Die Kommission wurde 2024 umbenannt in Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe
Hornei B, Gebel J, Ilschner C.
Verfalldatum, Ablaufdatum, Haltbarkeit, Anbruchfrist, Aufbrauchfrist von Händedesinfektionsmitteln – Was ist was und was muss wie und wann dokumentiert werden?
HygMed 2025;50(1):19-21.a
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Ilschner C. Praxistipp zur Dokumentation von Aufbrauchfrist und Verfalldatum von Händedesinfektionsmitteln. (März 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Wie sind medizinische Einmalhandschuhe zu entsorgen?
Antwort:
Medizinische Einmalhandschuhe aus Einrichtungen des Gesundheitsdiensts wie Krankenhäuser und Arzt- und Zahnarztpraxen sind als Abfälle gemäß des Abfallschlüssels (AS) 18 01 04 einzustufen. Die Sammlung dieser Abfälle muss unmittelbar am Ort ihres Anfallens erfolgen. Dabei sind nach der Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) folgende Anforderungen zu beachten:
- Verwendung reißfester, feuchtigkeitsbeständiger und dichter Sammelbehältnisse
- Kein Umfüllen oder Sortieren nach der Sammlung
- Sammlung getrennt von gemischten Siedlungsabfällen1
- Entsorgung in dafür zugelassenen (Abfallverbrennungs-) Anlagen
Eine stoffliche Verwertung von medizinischen Einmalhandschuhen ist nicht zulässig.
Eine Einstufung als infektiöser Abfall gemäß AS 18 01 03*, der einer Sondermüllverbrennungsanlage zugeführt werden muss, ist nur in wenigen Ausnahmefällen notwendig. Dies ist bei Kontaminationen mit Erregern der Risikogruppe 4 nach Biostoff-Verordnung der Fall. Bei Erregern der Risikogruppe 3 ist die konkrete Beurteilung des Infektionsrisikos im Einzelfall maßgeblich. So ist z.B. bei Verwendung von Handschuhen für die Versorgung von Tuberkulose-Patienten (M. tuberculosis ist ein Erreger der Risikogruppe 3) eine Entsorgung von Handschuhen als infektiöser Abfall nicht erforderlich. Auch nicht, wenn regelhaft mehrere Patienten mit Tuberkulose versorgt werden.
Nachhaltigkeits-Tipp:
Die wirksamste Maßnahme zur Nachhaltigkeit ist die Reduzierung des Abfallvolumens durch den indikationsgerechten Einsatz von Handschuhen (alleinige Händedesinfektion statt Handschuhtragen plus anschließende Händedesinfektion).
1Gemischte Siedlungsabfälle (AVV 20 03 01) aus Einrichtungen des Gesundheitsdiensts sind in diesem Zusammenhang hausmüllähnliche Gewerbeabfälle
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Carola Ilschner, Bonn, Dr. med. Anna Schwabe, Bonn, Dr. Patrick Ziech, NLGA Hannover (Juli 2025)
Literatur und weiterführende Informationen:
- LAGA. Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 18. Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdiensts. Stand Juni 2021. Verfügbar über: https://www.laga-online.de/documents/laga-m-18_stand_2021-06-23_1626849905.pdf [abgerufen am 23.6.2025].
- Biostoffverordnung vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2514), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 2. Dezember 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 384) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/biostoffv_2013/BJNR251410013.html [abgerufen am 23.6.2025].
- Brunke M, Chaberny IF, Gastmeier P, Kolbe-Busch S, Wendt C, Arvand M. Der indikationsgerechte Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen in der Krankenversorgung: Gibt es hier Handlungsbedarf? Epid Bull 2023;18:3-6 | DOI 10.25646/11389.
- Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Kommentar der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zum indikationsgerechten Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe im Gesundheitswesen. Epid Bull 2024;10:3-15 | DOI 10.25646/11984
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Hornei B, Ilschner C, Schwabe A, Ziech P. Praxistipp zur Entsorgung von medizinischen Einmalhandschuhen. (Juli 2025) (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Sind Desinfektionsmittel, die für das manuelle Eintauchverfahren für Instrumente oder für die Flächendesinfektion vorgesehen sind, auch gegen MRSA wirksam?
Antwort: Sind die Produkte VAH-zertifiziert und damit in der VAH-Liste aufgeführt, sind sie auch gegen Staphylococcus aureus getestet und für wirksam befunden worden. Der Resistenzmechanismus des Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) beeinflusst die Wirksamkeit von ß-Laktam-Antibiotika, aber nicht die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln, die in der zertifizierten Konzentration-Zeit-Relation eingesetzt werden. Deshalb sind VAH-zertifizierte Desinfektionsmittel bei vorschriftsmäßiger Anwendung gegen MRSA wirksam. Dies gilt für alle VAH-zertifizierten Produkte, unabhängig vom Anwendungsbereich (Hände, Haut, Fläche, Instrumente, Wäsche).
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Prof. Dr. med. habil. Sabine Gleich, München (August 2024)
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Hornei B, Gleich S. Praxistipp zur Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). (August 2024). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Ich führe eine hausärztliche Praxis und muss – insbesondere in den Wintermonaten – mit dem regelmäßigen Auftreten des Noro-Virus rechnen. Meine Recherche ergab, dass für diese Erreger der Wirkbereich „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ erforderlich ist. Wie finde ich geeignete Hände- und Flächendesinfektionsmittel?
Antwort:
Es ist richtig, dass der Wirkbereich begrenzt viruzid PLUS notwendig ist, um Noroviren zu inaktivieren. Viruzide Desinfektionsmittel sind ebenfalls gegen Noroviren wirksam. Am einfachsten ist es, wenn die Produkte ein VAH-Zertifikat für diese Wirkbereiche haben, da die Wirksamkeit dann von unabhängigen Expertinnen und Experten nach den aktuellsten Anforderungen und dem aktuellen Stand der Wissenschaft bestätigt wurde.
Sind in der VAH-Liste online keine passenden Produkte mit diesen zusätzlichen Wirkspektren zu finden, empfiehlt sich ein Produkt mit dem Wirkspektrum begrenzt viruzid PLUS, das gemäß den Herstellerangaben nach den aktuell geltenden Normen geprüft wurde (siehe Tabelle):
| Händedesinfektionsmittel | Quantitativer Suspensionsversuch Methode DVV/RKI 2008 oder 2015 bzw. DIN EN 14476 und praxisnaher Test DIN EN 17430 (spätestens ab 2026) |
| Flächendesinfektionsmittel | Quantitativer Suspensionsversuch Methode DVV/RKI 2008 oder 2015 bzw. DIN EN 14476 und praxisnaher Test, DVV-Leitlinie 2012 oder DIN EN 16777 |
Zur Sicherung der Objektivität ist es wesentlich, dass die Wirksamkeitsprüfungen von Laboren durchgeführt werden, die von den Herstellerfirmen unabhängig sind. Die Prüflabore müssen über die notwendige Kompetenz verfügen, die z.B. durch Akkreditierung nach DIN ISO EN 17025 nachgewiesen werden kann. Entsprechende Labore sind z.B. in den Labor- bzw. Gutachterlisten des VAH aufgeführt [1]. Informationen zu den Prüfungen sowie die Gutachten sind üblicherweise nicht frei verfügbar, sondern müssen von den Herstellern direkt angefragt werden. Diese Vorgehensweise entspricht auch den Grundsätzen der infektionshygienischen Überwachung durch Gesundheitsbehörden gemäß der Stellungnahme der KRINKO von 2023 [2].
Dr. med. Britt Hornei, Dr. med. Anne Marcic, Dr. rer. nat. Maren Eggers (Dezember 2024)
Literaturhinweise
1. Laufend aktualisierte Liste der vom VAH anerkannten Laboratorien und Gutachter. Abgerufen am 25.11.2024
2. Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO). Stellungnahme der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zu Anforderungen an Desinfektionsmittel für den Einsatz in infektionshygienisch sensiblen Bereichen Epid Bull 2023;23:22-26 | DOI 10.25646/11517. Abgerufen am 25.11.2024
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Hornei B, Marcic A, Eggers M. Praxistipp zum geeigneten Wirkspektrum gegen Noroviren. (Dezember 2024). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Wir sind eine gynäkologische Praxis und waren letzte Woche auf einer Hygieneschulung. In dieser Schulung wurde auch die VAH-Listung der Desinfektionsmittel angesprochen, woraufhin wir unsere Produkte in der Praxis genauer angesehen haben. Das von uns verwendetet Händedesinfektionsmittel finden wir in der Liste – mit diesem Produkt sind wir also auf der sicheren Seite. Allerdings finden wir die von uns eingesetzte Schleimhautantiseptik nicht in der Liste. Ist dieses evtl. gar nicht geeignet?
Antwort:
Die Zertifizierung und Listung des VAH umfasst Produkte für die Händedesinfektion, die Hautantiseptik, die Flächendesinfektion, die Instrumentendesinfektion im Eintauchverfahren und die Wäschedesinfektion. Schleimhautantiseptika werden nicht vom VAH zertifiziert.
Bitte entnehmen Sie die für Sie relevanten Aussagen aus den Produktinformationen des Schleimhautantiseptikums oder wenden Sie sich an die Sie beratende Apotheke.
Wenn es sich bei dem Antiseptikum um ein Arzneimittel handelt, ist grundsätzlich von einer sicheren Wirksamkeit auszugehen.
Weiterführende Fachinformationen finden Sie beispielsweise auch im kostenfrei zugänglichen Arzneimittelinformationssystem des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Ausführliche Erläuterungen zu einzelnen antiseptischen Wirkstoffen finden Sie im Konsensus-Papier zur Wundantiseptik aus dem Jahr 2018 (Kramer et al., Consensus on Wound Antisepsis: Update 2018).
Literatur und weiterführende Informationen
AMIce – Der öffentliche Teil enthält Teile des Arzneimittel-Informationssystems (AMIce), das von den für die Arzneimittelzulassung zuständigen Bundesoberbehörden BfArM, BVL und PEI aktualisiert und gepflegt wird
Kramer A, Dissemond J, Kim S, Willy C, Mayer D, Papke R, et al. Consensus on Wound Antisepsis: Update 2018. Skin Pharmacol Physiol. 2018;31(1):28-58. doi: 10.1159/000481545. Epub 2017 Dec 21. PMID: 29262416
Die deutschsprachige Veröffentlichung dieses Konsensus-Papiers erschien in der Zeitschrift Wundmanagement, Supplement 1/2019: Kramer et al. Auswahl von Wundantiseptika – Aktualisierung des Expertenkonsensus 2018. mhp Verlag GmbH, Wiesbaden
Dr. med. Britt Hornei, Oberhausen, Dr. rer. nat. Jürgen Gebel, Bonn (Oktober 2024)
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Hornei B, Gebel J. Praxistipp zur VAH-Zertifizierung von Schleimhautantiseptika.(Oktober 2024). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
Frage: Wir desinfizieren unsere Flächen, indem wir das Mittel aufsprühen und einwirken lassen. Nun haben wir aber gehört, dass dieses Verfahren ungeeignet ist. Ist dies tatsächlich so?
Antwort:
Durch die Inhalation der Dämpfe oder Aerosole können je nach Zusammensetzung der Desinfektionsmittel ggf. gesundheitliche Belastungen entstehen. Bei großflächiger Anwendung alkoholbasierter Desinfektionsmittel im Sprühverfahren besteht zudem eine Explosions- und Brandgefahr. Daher darf die Sprühdesinfektion aus Arbeitsschutzgründen nur für kleine Flächen eingesetzt werden. Sie ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Oberflächen durch eine Wischdesinfektion nicht sicher erreicht werden können, wie bei beispielsweise bei Blutdruckmanschetten.
Darüber hinaus besteht bei der Sprühdesinfektion u.a. aufgrund von Sprühschatten eher das Risiko einer unzureichenden Benetzung der zu desinfizierenden Fläche, und es fehlt die mechanische Komponente des Wischverfahrens, die die Wirkung unterstützt.
Eine Sonderform stellt die Desinfektion mit Schäumen dar. Schäume können im Sprühverfahren (also ohne mechanische Einwirkung) oder im Wischverfahren angewendet werden. Auch hier ist unbedingt auf eine satte Benetzung der Fläche und die produktspezifischen Herstellerangaben für das Anwendungsverfahren zu achten. Teilweise ist das Auftragen einer sehr großen Menge Schaum erforderlich. Ob die Schaumdesinfektion im Vergleich zur Sprühdesinfektion mit Sprays günstiger in Bezug auf die Arbeitssicherheit einzustufen ist, ist für die einzelnen Anwendungsmöglichkeiten von Schäumen noch nicht abschließend bewertet.
Dr. med. Britt Hornei und Dipl.-MPH Olga Idt (Januar 2025)
Weitere Informationen zur Anwendung und Testung von Flächendesinfektionsverfahren mittels Schäumen:
Desinfektionsmittel-Kommission im VAH. Ergänzende Informationen zur VAH-Listung von Schäumen/Sprays zur Desinfektion von Flächen und Medizinprodukten. HygMed 2021;46(9):169-173.
Nachdruck oder Wiedergabe in anderen Medien nur mit Zitierhinweis:
Hornei B, Idt O. Praxistipp zur Sprühdesinfektion. (Januar 2025). (Hrsg.: Verbund für Angewandte Hygiene e.V. und Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte) URL: https://vah-online.de/de/fachwissen/praxistipps-fuer-arzt-und-zahnarztpraxen. [Datum des Zugriffs]
